Zurück zur Übersicht

Die Todesopfer

Walter Lübcke

Der Mord an Walter Lübcke geschieht am 1. Juni 2019 in Istha: Stephan Ernst tötet den 65-Jährigen vor dessen Wohnhaus mit einem Revolverschuss aus geringer Entfernung in den Kopf. Ernst wurde am 15. Juni 2019 als dringend tatverdächtig festgenommen und durch Spuren am Hemd des Opfers und an der Tatwaffe überführt. Am 28. Januar 2021 verurteilt ihn das Oberlandesgericht zu einer lebenslangen Haftstrafe und stellte fest: Aus seiner „von  getragenen, völkisch-nationalen Grundhaltung“ heraus habe er seinen Fremdenhass zunehmend auf Lübcke projiziert und ihn schließlich erschossen, um ihn für seine Haltung in der Flüchtlingspolitik zu bestrafen und andere von einer „Politik der Weltoffenheit“ abzuhalten. Ernst gehörte zusammen mit dem Mittäter H. zur Kasseler Neonazi-Szene und hatte am 14. Oktober 2015 eine Bürgerversammlung besucht. Dort hatte Lübcke die Aufnahme von Flüchtlingen mit Bezug auf die Nächstenliebe und das Grundgesetz gegen Zwischenrufe verteidigt. H. hatte Lübckes Antwort im Internet verbreitet und so jahrelange Anfeindungen und Mordrohungen gegen ihn ausgelöst. Ernst und H. hatten gemeinsam ein Waffenlager angelegt und Schießen trainiert. Der Mord löste eine anhaltende breite öffentliche Debatte aus, unter anderem über die Kenntnisse der deutschen Sicherheitsbehörden vom Täterumfeld, die mögliche Mitverantwortung der AfD, das Verhältnis der CDU zur AfD, Angriffe auf Kommunalpolitiker und mangelnde Strafverfolgung von Hasskriminalität in sozialen Medien.

Anschlag in Halle am 9. Oktober

Am Mittag des 9. Oktober 2019 versuchte der Rechtsterrorist Stephan B. mit Sprengsätzen und Schusswaffen in eine Synagoge im Paulusviertel in Halle (Saale) einzudringen. Sein Ziel war es, am höchsten jüdischen Festtag, dem Jom Kippur, einen antisemitischen Massenmord zu begehen – in der Synagoge hielten sich zu diesem Zeitpunkt mehr als 50 Menschen auf. Max Privorozki, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Halle, berichtete, dass sich die Menschen in der Synagoge mit Möbeln verbarrikadierten, um den Täter am Eindringen zu hindern. Während der Täter versuchte, Sprengsätze an der Synagoge zu deponieren, wurde er von einer zufällig vorbeikommenden Passantin auf sein Verhalten angesprochen. Er erschoss sie ohne zu zögern. Jana L. erlag noch vor Ort ihren Verletzungen. Die Tür der Synagoge gab auch nach mehreren Schüssen nicht nach, woraufhin der Täter zu einem nahegelegenen Döner-Imbiss fuhr. Mit der Absicht, Migrant*innen umzubringen, schoss er in dem Laden um sich – und ermordete den 20-Jährigen Kevin S.. Bei der darauffolgenden Flucht verletzte der Täter zwei weitere Menschen schwer, bevor er von den Einsatzkräften überwältigt und verhaftet werden konnte. Wie bei den Anschlägen von Christchurch, Poway und El Paso filmte auch Stephan B. die gesamte Tat mit einer Helmkamera und stellte das Video live ins Internet. Dieses gibt, gemeinsam mit einem online veröffentlichten “Manifest“, Aufschluss über die zutiefst menschenverachtende Ideologie, die den Täter zu dem Anschlag motivierte – und offenbart die Verstrickung von Antifeminismus, Antisemitismus und Rassismus im rechtsextremen Weltbild. Als Teil einer rechtsextremen Subkultur, die sich in Onlineforen und auf Plattformen für Gamer radikalisiert und vernetzt, richtete der Täter sich mit seinen teilweise englischsprachigen Botschaften an ein globales Publikum und erhoffte sich Anerkennung für seine grausame Tat. Diese neue, virtuelle Art des Rechtsterrorismus weist starke Bezüge zum Gaming auf: So sprach der Täter während des Anschlags von „achievements“ (engl. Erfolgen), also in Computerspielen üblichen Aufgaben, die der Vergleichbarkeit mit anderen Spieler*innen dienen. Stephan B. gestand die Tat kurze Zeit nach seiner Verhaftung und bestätigte das antisemitische, rechtsextreme Motiv. Die Generalbundesanwaltschaft warf ihm unter anderem zweifachen Mord und versuchten Mord in neun Fällen vor. Am 21. Dezember 2020 verurteilte ihn das Landgericht Magdeburg zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung.

Jana L.
Kevin S.